|
|
Modul
"Neubaugebiet" unserer Modellbahnanlage
Kirchberg /Baden |
Vorgeschichte
Seit meiner Kindheit haben mich außer
der Eisenbahn auch Baustellen und die darauf eingesetzten Fahrzeuge
und Maschinen |
fasziniert.
Unauslöschliche
Eindrücke bescherten mir damals die unzähligen Baustellen einer neu
erschlossenen Wohnsiedlung, die auf dem Weg zwischen der elterlichen
Wohnung und meiner Schule lag.
Besondere Anziehungskraft auf mich
besaßen die Turmdrehkrane mit ihren langen, in den Himmel gerichteten
Auslegern, wobei die Beobachtung des Auf- bzw. Abbaus derselben immer
ein besonderer Leckerbissen für mich bedeutete.
Nach langen Jahren erfolglosen Wartens
auf einen entsprechenden Bausatz begann ich ca. 1995 mit den Recherche
zum Bau eines Kranes aus den 60ger Jahren. In dieser Zeit gab es in
Karlsruhe noch mindestens drei Standorte von alten Baukranen: Am
Rheinhafen stand ein Liebherr F35A-45 auf dem Gelände der Fa. Bold, ein
Kaiser-Kran machte sich noch bei der Fa. Wolff und Müller nützlich. Ein
weiterer Liebherr-Kran des Typs F35A-45 war bereits ein alter Bekannter,
den er stand bei einem Schrotthändler am Güterbahnhof unweit der
Wohlfahrtsweierer Brücke. Ich möchte hierbei nicht unerwähnt lassen,
dass ich von den verschiedenen Krantypen, also auch von den oben
angeführten, zu dieser Zeit noch so gut wie keine Ahnung hatte. Diese
kam erst einige Zeit später.
Der erste
Nadelausleger-Kran
Mit einer Kamera und drei unbelichteten
Filmen bewaffnet begab ich mich eines Samstagmorgens bei herrlichstem
Sonnenschein zu besagter Schrottfirma mit der Absicht, den dort
befindlichen Kran in allen Einzelheiten durch zu fotografieren. Die
Erlaubnis dazu wurde auch nach zunächst verwundertem Staunen erteilt.
Übrigens fand diese Aktion keine Sekunde zu früh statt, denn kurz nach
meinem Fototermin ging das gute Stück den Weg allen alten Eisens. |
|
Von einem Freund erhielt ich eine
Betriebsanleitung eines Liebherr-Krans aus dem Jahre 1958 mit Detail-
und Maßzeichnungen. Dieser sah im Wesentlichen so aus wie das von mir
fotografierte Exemplar. Damals hatte ich von den verschiedenen Krantypen
und -herstellern, wie bereits erwähnt, nur wenig Ahnung und so wusste
ich nicht, dass es sich bei den Zeichnungen im Gegensatz zu meinen Fotos
um einen Kran eines etwas kleineren Typs handelte. In Unkenntnis dieser
Sachlage war ich also guter Dinge und begann, das Modell nach den
vorhandenen Zeichnungen und Fotos herzustellen. Als Baumaterial kamen
nach kurzer Überlegung für mich nur Messingprofile, -drähte und -bleche
kleinster Abmessungen in Frage. Eine gewisse Praxis in der Verarbeitung
von Messing und Weißmetall hatte ich durch diverse Lok-Gehäusebausätze
der Fa. Weinert erworben. Gleichwohl stellte der Bau eines Kranmodells
quasi aus dem "Nichts" heraus teilweise ganz neue Anforderungen an mich.
Im Übrigen hat sich die Wahl des Baumaterials als die Richtige
herausgestellt, denn alle weiteren Modelle entstanden nun ebenfalls aus
Messing.
Nun, nach ca. 3 Monaten Bauzeit war ich
(zugegebenermaßen) ziemlich stolzer Besitzer eines Modells eines
Liebherr-Krans. Ich sah den Typ, den ich in meiner Kindheit auf vielen
Baustellen angetroffen hatte, im Kleinen verwirklicht. Aber es
schlummerten noch weitere Kranvisionen in meinem Kopf, die ich als
Modell umsetzen wollte. Ich konnte mich beispielsweise an einen Kran
erinnern, der ebenfalls auf vielen Baustellen anzutreffen war, hell- und
dunkelgrün lackiert war und bei mir unter dem Namen "Wetzel-Kran" im
Gedächtnis hängen geblieben ist. Dieser Name tauchte dann tatsächlich in
einem Buch auf, das ich zu der Zeit geschenkt bekommen hatte. Das Buch
stammte aus einer Reihe mit dem Titel: "Faszination Baumaschinen" und
befasste sich mit dem Thema "Hebezeuge von der Antike bis zur
Gegenwart". Darin war von einer "Mannheimer Baumaschinen-Fabrik Wetzel & Schadt die Rede. Über den Herausgeber dieses Buches fand ich Kontakt mit
einem Kenner und Liebhaber alter Krane, mit dem ich noch heute in
Freundschaft verbunden bin und der mich nicht nur mit Unterlagen über
Wetzel-Krane, sondern seitdem mit allen nötigen Informationen, Fotos
usw. versorgt hat, die zum Bau der weiteren Modell-Krane nötig waren.
Durch diesen Kontakt lernte ich auch allmählich die Kranhersteller und
ihre Typologie kennen. Dabei entpuppte sich mein Erstlingswerk als
Liebherr-Kran Typ F35A-45, den ich allerdings mit den Maßen des Typs
F25A-30 gebaut hatte. Als F25A-30 hatte er jedoch den falschen
Ballastkasten und die falsche Seilführung des Verstellseils, als F35A-45
war er schlicht zu klein. Ich habe mich also an den Modellmaßen
orientiert, Ballastkasten und Seilführung geändert und als Resultat
einen (fast) richtigen Liebherr F25A-30 erhalten. Und so präsentiert er
sich heute auch auf unserer Anlage. |
|
Überlegungen zum
Bau eines Neubaugebietes
Nachdem mit dem Wetzel-Kran Typ 20-1250
das zweite Modell im Regal stand, musste natürlich auch eine
Modell-Baustelle her. Um diese auch einem größeren Publikum zugänglich
machen zu können, entschloss ich mich, diese Baustelle auf einem noch zu
bauenden Modul unserer Ausstellungsanlage "Kichberg/Baden" zu
platzieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch die Rechnung ohne den
Wirt (sprich: mich selbst) gemacht, denn der Bau von Kranmodellen hat
mich so gefesselt, dass in den folgenden Jahren (neben meinen vielen
anderen Aktivitäten im Modellbau) nacheinander ein weiterer
Liebherr-Kran, Typ F45A-65, ein Kaiser TK 40/54, ein "echter" Liebherr
F35A-45 und ein Peiner T30 entstanden. Diese nun größer gewordene Anzahl
von Kranmodellen ließ sich auf einer Baustelle logischer Weise nicht
mehr unterbringen. Die Lösung schien mir in der Gestaltung eines ganzen
Neubaugebietes zu liegen, in welchem ich versuchen wollte, durch
Anordnung mehrerer Baumaßnahmen auf relativ engem Raum einen für die
damalige Zeit typischen "Kranwald" darzustellen. Da gerade in den 50ger
und 60ger Jahren ganze Siedlungen mit einem Schlag als Ersatz für
kriegsbeschädigte Wohnhäuser sowie als Heim für Vertriebene und
Heimkehrer aus dem Boden gestampft worden sind, empfand ich eine solche
Szenerie ebenfalls als typisch für die unter Modelleisenbahnern sehr
beliebte Epoche III (Zeitraum von ca. 1950 - 1968), in der unsere Anlage
von der Gestaltung her grundsätzlich angesiedelt ist.
Ausgangspunkt
für alle weiteren Überlegungen war die Art und Form des zu bauenden
Streckenmoduls. Wir benötigten für unsere Anlage einen 90° Bogen. Dieser
sollte in zwei Modulteilen, die jeweils 45° des Gleisbogens tragen
sollten, hergestellt werden. Die einzelnen Teile hatten an der Kopfseite
eine Tiefe von 60 cm. Der Radius des Gleisbogens sollte 175cm betragen.
Wenn ich also beide Module zusammenbauen und zwischen den dem
Kreismittelpunkt zugewandten äußeren Modulecken eine Verbindungslinie
ziehen würde, hätte ich ein Kreissegment mit einer ausreichenden Tiefe
jenseits des Gleises für die Unterbringung meiner Baustellen. Eine
Zeichnung wurde angefertigt und bestätigte meine Überlegungen. Damit war
die Grundfläche festgelegt und die Konzeption der verschiedenen
nachzubildenden Baumaßnahmen konnte beginnen. |
|
|
Im endgültigen Konzept sollten
folgende Baumaßnahmen im Modell dargestellt werden:
1.) Bau eines großen
Verwaltungsgebäudes in Stahlbetonbauweise
2.) Baggereinsatz im größeren
Stil
3.) Bau einer Unterführung unter
der Bahnstrecke für die Beseitigung eines Bahnübergangs
4.) Bau einer Strassenbrücke
über die neue Bundesstrasse im Zuge des Unterführungsbauwerks
5.) Strassenbau
6.) Bau von zwei typischen
Mehrfamilienhäusern einer Wohnungsbaugenossenschaft
Natürlich war mir klar, dass es unter
Umständen Unstimmigkeiten in der zeitlichen Reihenfolge der Baumaßnahmen
geben könnte, daß man zum Beispiel wahrscheinlich erst die
Erschließungsstrasse bauen und dann die Baustelle für die Brücke
über die neue Bundesstrasse einrichten würde. Dies wollte ich im
Interesse einer abwechslungs- und detailreichen Szenerie jedoch in Kauf
nehmen.
Die modellmäßige Umsetzung der
Baumaßnahmen und die Annahmen dazu waren wie folgt:
1.) Bau eines
Verwaltungsgebäudes in Betonbauweise
Annahmen:
Die Kirchberger Lebensversicherung
(KLV) benötigte ein neues Verwaltungsgebäude, da sie zu der Zeit in den
verschiedensten Lokalitäten über die ganze Stadt verstreut untergebracht
war. Die Firma DYWIDAG wurde mit der Erstellung des Rohbaus beauftragt.
Die Größe des Bauwerks und dessen Grundriß (L-Form) erforderte die
Aufstellung von zwei Kranen. Für den Bau des Hauptflügels, der in etwa
längs zur Bahnlinie errichtet werden sollte, wurde ein Liebherr F45A-65
bereitgestellt. Für die geplante Geschosszahl des Gebäudes war es nicht
nötig, diesen Kran in die volle verfügbare Höhe auszuteleskopieren, da
er bereits in der Grundform die erforderliche Höhe aufwies.
Da etwa zeitgleich die alte
Bundesstrasse und deren Bahnübergang beseitigt werden sollte, ergab sich
die Gelegenheit, den Bau der Tiefgarage der KLV und den Neubau der
Bundesstrasse bzw. deren Unterführung unter der Bahnstrecke hindurch
planerisch als auch zeitlich zu kombinieren. Die Ausfahrt der
KLV-Tiefgarage sollte in Richtung neuer Bundesstrasse ermöglicht werden,
um die bestehenden Strassen vom Berufsverkehr zu entlasten. Da in diesem
Bereich die Baugrube ohnehin für die Strasse erweitert werden musste,
verwendete man die bereits ausgehobene Rampe der neuen Bundestrasse
dazu, einen Liebherr F35A-45-Kran auf die Sohle der Baugrube für die
Tiefgarage zu stellen. In austeleskopiertem Zustand war er hoch genug,
um den Neubau überstreichen zu können. Den für den Kran notwendigen,
gegenüber dem Strassenplanum etwas höheren Bereich der Baugrube hat
man, solange der Kran benötigt wurde, mit Spundwänden abgesichert. Der
Abtransport des Krans sollte nach Fertigstellung dieses Flügels wieder
über diese Rampe erfolgen. Anschließend sollten die Spundwände gezogen
und das gesamte Strassenplanum mitsamt der Tiefgaragenausfahrt
fertiggestellt werden. |
|
Modell:
Der Baukörper dieses
Gebäudes wurde aus St. 3 KIBRI-Bausätzen "Hochhaus im Bau erstellt.
Dabei wurden nicht benötigte Seitenteile des Hochhauses so verwendet,
dass daraus weitere Gebäudeteile erstellt werden konnten
(Verbindungsflügel zwischen den eigentlichen Hochhäusern). Dadurch
konnte deutlich mehr an Bausubstanz erzielt werden. Diese war auch
dringend notwendig, denn leider werden alle "Verniedlichungen" an den
Gebäuden durch das Beistellen von maßstabsgetreuem Zubehör (hier: Krane)
schonungslos entlarvt. Durch den größeren Baukörper konnte der Einsatz
von zwei Kranen wenigstens einigermaßen glaubhaft begründet werden.
Das gesamte Gebäude
wurde mit steingrau matt (Nr. 75) von REVELL lackiert und anschließend
mit der Dry-Brush Methode sowie lasierend mit weiteren Grau- und
Weißtönen behandelt, um den Eindruck
|
|
frischer nackter Betonwände zu
erzeugen. Die Zimmerwände wurden als Ziegelwände ausgeführt und
entsprechend farblich behandelt. Das Zubehör aus den KIBRI-Bausätzen
wurde ebenfalls farblich überarbeitet und für die Gestaltung der Szenen
herangezogen. Darüber hinaus kamen auch aus echtem Holz geschnittene
Leisten und Bohlen zum Einsatz. Der Geländeboden wurde aus gesiebtem
Sand, den ich an verschiedenen Stellen der Südpfalz gefunden und
aufbereitet habe, dargestellt und mittels Leimwasser auf dem Gelände
befestigt. Bei dieser Gelegenheit wurde mit weiteren Sanden von ASOA
sowie HEKI-Schaumstoffflocken eine gewisse Abwechslung in die Botanik
gebracht. Verschiedene weitere Bauszenen beleben die gesamte
Darstellung. Die Geschossböden wurden von mir zunächst mit feinstem
Granitsand bestäubt, um die glatte Struktur des Bausatzes
|
etwas zu mildern. Leider erst
später hatte ich eine viel bessere Idee. Diese kam dann auch in der
Szene am linken Flügel des Gebäudes zum Tragen: Hier wird zum Guß der
Geschossdecke ein frisch gefüllter Betonkübel vom Kran eingehoben und
von den Arbeitern zum Entleeren in Empfang genommen. Den bereits
eingebauten Beton habe ich mit Fließspachtel aus dem Baumarkt imitiert.
Die "Frische" des Betons habe ich durch Überstreichen des abgebundenen
Fließspachtels mit hochglänzendem Klarlack darzustellen versucht. Die
Wirkung ist meiner Meinung nach enorm und ergibt eine täuschend echte
Betonoberfläche. Es bleibt abzuwarten, wie standhaft die Verbindung
zwischen dem Fließspachtel und dem jeweiligen Untergrund sein wird. |
|
|
|